Es gibt Momente, da ist man über die Arbeit, welche man vollendet hat, so richtig stolz. Sei es das erste Laminat, welches man sauber verlegt hat oder in meinem Fall das erste Auto, an welches ich zwei neue Schweller schweißen musste und noch jede Menge “kleinere” Schweißarbeiten 😉
Das Auto kann noch so hochwertig verarbeitet sein, doch irgendwann trifft es wirklich jedes Auto: wir reden hier vom “bösen” Rost. In diesem Blogbeitrag versuche ich euch die wichtigsten Schritte beim Auto schweißen aufzuzeigen und euch auch einige nützliche Tipps zu geben. Folgendes Bild zeigt glaube ich sehr gut das Ausmaß der “kleinen” Schönheitsfehler an diesem Gebrauchsgegenstand:
In meinem konkreten Fall handelt es sich um den in die Jahre gekommenen VW T4 Bus meiner Eltern, welcher bei der letzten Hauptuntersuchung nicht über den “TÜV” gekommen ist.
Grund dafür sind etliche Roststellen: sowohl in beiden vorderen Radläufen, beide Schweller an Fahrer- und Beifahrertür als auch ein Loch am hinteren Querträger. Zudem etliche kleinere Roststellen an der kompletten Karosserie und an den äußeren Radläufen.
Vielleicht noch eine kleine Anekdote:
Ich höre immer viele Personen, die sagen: Mit einem günstigen Elektroden-Schweißgerät aus dem Baumarkt werde ich dann mein Auto schweißen… dazu kann ich nur sagen: NEIN, WIRST DU NICHT!
Und warum ich genau das sagen kann? Auf der einen Seite ist es nach dem allgemeinen Verständnis von TÜV-Prüfern nicht zulässig mit einer Stabelektrode an einem Auto zu schweißen und noch viel wichtiger: Selbst sehr erfahrene Schweißer bekommen es nicht zuverlässig hin und das trotz teilweise mehrerer tausend Stunden schweißen. Wie bereits in einem anderen Beitrag erwähnt, habe ich ein ESAB Rebel EMP 215ic, welches vielseitig einsetzbar ist und genau das Haus- und Hof-Schweißgerät für meine Bedürfnisse ist. Mehr Informationen in dem separaten Beitrag ( ESAB Rebel EMP 215ic ).
Sehr schön war auch letztens mein Vater: Er hatte angefangen mit seinem alten Metabo Schweißgerät zu schweißen, weil meins noch an der Flasche angestöpselt war und das falsche Schlauchpaket montiert war. Habe ich also eben die Sachen gewechselt und meinem Vater das Schweißgerät vor diese Nase gesetzt. Gefühlt wollte er an den Nachmittag nicht mehr aufhören zu schweißen: Elektroden zündeten ohne zu kleben, das Schweißbad war besser zu kontrollieren und und und – achja und Zwangspausen waren nicht mehr notwendig, weil das Gerät heiß lief. Also: Entweder ihr mietet euch ein Gerät, kauft euch ein vernünftiges Schweißgerät oder lasst die Arbeiten machen (KFZ-Werkstatt, Schlosser, bekannter Schweißer, usw.)
Vorbereitungen fürs Schweller schweißen
Doch wie geht man am Besten an die Sache ran? Sind es große Stellen, welche möglicherweise sogar tragend sind, dann musst das rostige Stück großzügig mit einem Winkelschleifer oder bei schwer-zugänglichen Stellen mit einem Dremel ausgeschnitten werden. Ist der Rost nur oberflächlich angesiedelt hilft Rostumwandler z.B. Fertan.
In meinem Fall waren doch ein paar mehr Stellen betroffen und bei der Reparatur sind sogar weitere Stellen aufgefallen wo der TÜV-Prüfer nicht so genau hin geguckt hat. Im Konkreten waren es die beiden Schweller auf Fahrer- und Beifahrerseite. Ebenso die beiden vorderen Radläufe die jeweils zwei größere Löcher hatten. Hinten am Querträger noch ein Loch (gefühlt gar kein Platz zum arbeiten *kotz*) und im vorderen Teil vom Motorraum.
Nun gut Einiges zu tun. Für die ganzen Löcher habe ich mir Karosserieblech organisiert. Dabei handelt es sich um Blech in der Dicke von 0,75 mm, welches sich sehr gut auf der Werkbank formen lässt und somit perfekt in die gebogene Form der Radläufe passt. Die Schweller waren schon so durchgerostet, dass man da mit einem Stück Blech nicht mehr viel retten konnte. Somit habe ich kurzerhand zwei neue Schweller (sowohl Innen- als auch die Außenseite) für beide Seiten bestellt.
Anschließend noch die passende Lackfarbe um die Schweller zu lackieren und jede Menge Verbrauchsgüter in Form von: Schrupp- und Trennscheiben; Zinkspray; Silikonentferner; Karosseriespachtel und Nassschleifpapier; Unterbodenschutz
Produktempfehlungen dazu findet ihr am Ende des Beitrags.
Auto schweißen Seitenschweller
Bevor man die neuen Schweller anbringen kann, müssen die Alten erst einmal runter. Gerade bei den Seitenschwellern sollte man nicht zu viel heraus schneiden, ansonsten darf man nachher jede Menge beim Schweißen auffüllen. Das folgende Bild zeigt die Aussparung, in welche nachher die beiden Teile des Schwellers eingesetzt werden. Dazu habe ich die beiden Schweller angehalten und angezeichnet, anschließend mit der Trennscheibe heraus geschnitten und mit der Schruppscheibe soweit nachbearbeitet, dass die beiden Ersatzbleche genau rein passen.
Nun heißt es noch die zu verschweißenden Übergänge von Farbe oder Rost zu befreien, damit nachher auch eine saubere Schweißnaht entstehen kann. Hat man dies soweit gemacht, wird der innere Teil des Seitenschwellers eingesetzt und mit möglichst vielen Schraubzwingen fixiert, damit sich dieser beim Schweißen nicht verzieht.
Anschließend heißt es Gas und Draht los: Punkten, was das Zeug hält und was die Karosserie hergibt. Mit meinem ESAB Rebel EMP 215ic kann ich dabei wunderbar alle Parameter einstellen. Ich habe genau für Arbeiten an der Karosserie oder sonstigen sehr dünnen Blechen noch eine Rolle ESAB OK AristoRod 12.50 200 mm 0,6 mm gekauft. Damit lässt sich dann auch problemlos MAG Schweißen an sehr dünnen Materialien.
Die beiden Bilder zeigen die erste Verschweißung der Seitenschweller und anschließende Behandlung mit Zinkspray, damit in den Pausenzeiten kein Rost ansetzt.
Das folgende Bild zeigt dann den finalen Stand, bevor es ans Verspachteln geht. Es muss bzw. darf nicht voll-flächig verschweißt werden, da es durch die großflächige Erwärmung ansonsten zu Materialermüdungen kommen kann. Sieht ein TÜV-Prüfer eine durchgeschweißte Naht, heißt es schnell mal neu machen.
Nun geht es ans Spachteln. Wichtig dabei ist, dass ihr mindestens einen – eher sogar zwei – ordentliche Kunststoffspachtel habt und jede Menge Nassschleifpapier in sehr unterschiedlichen Körnungen, wobei gerade die feinen Stufen (800+) sehr wichtig sind, damit man nachher keine Riefen im Lack sieht. Insgesamt in vielen Schritten und Wiederholungen kommen dann am Ende folgende Bilder dabei raus:
Nach dem Spachteln noch einmal schnell kontrolliert, ob auch die Tür schließt 😉
Sind alle Flächen eben und ohne Riefen verspachtelt und auch geschliffen, können wir diese Stellen nun lackieren. Will man nicht die gesamte Karosserie komplett neu lackieren, dann ist es immer einfacher mit ein oder zwei Sprühdosen zu arbeiten (Reinigungsaufwand der Sprühkiste entfällt 😉 ). Doch bevor der Lack aufgetragen wird heißt es noch schnell die Oberfläche säubern. Ja, richtig gelesen. Ihr habt wahrscheinlich mit euren Finger (Fettfilm) die eine oder andere Stelle angefasst und hinterlasst so fettige/verschmutze Oberflächen, an denen der Lack nachher nicht hält. Dazu kann man beispielsweise Isopropanol (Apotheke) oder flüssigen Silikonentferner nehmen.
Noch einmal gut trocknen lassen und anschließend aus einer größeren Entfernung und gut abgeklebt die entsprechenden Teile lackieren.
Selbst nach einigen Monaten sehen die Stellen wie von einem Profi gemacht aus (den Dreck jetzt mal abgesehen :-D):
Auto schweißen Radlauf und andere Stellen
Bei den Radläufen ist die Vorgehensweise etwas anders. An den entsprechenden Stellen habe ich großzügig den Unterbodenschutz entfernt und dann meinen Winkelschleifer und an den schwer zugänglichen Stellen den Dremel benutzt. Den ganzen Rost wird man nie richtig wegbekommen. Es kann noch hilfreich sein an entsprechende Stellen mit der Drahtbürste dran zu gehen oder Rostumwandler aufzutragen. Gerade beim Einsatz von Winkelschleifer, Dremel und Co. immer drauf achten, dass ihr keine Leitungen oder Schläuche damit durchtrennt. Das folgende Bild zeigt sehr gut, dass an der entsprechenden Stelle im Motorraum Kabel lang führen. Auch nachher beim Schweißen sollte man dran denken, denn die Wärmeeinwirkung könnte für das Schmelzen der Kabel sorgen.
Linker vorderer Radlauf. Mit einem Stecheisen den Unterbodenschutz großzügig entfernt und mit dem Dremel anschließend versucht, so gut wie möglich den Rost zu entfernen.
Danach Rostumwandler drauf und mit einer Drahtbürste nachbehandelt. Im Anschluß die Stelle eben kurz ausmessen und mit einem Winkelschleifer oder einer Blechschere ein entsprechendes Stück zurecht schneiden. Gefühlt jede zu verschweißende Stelle am Auto ist nicht 100%ig gerade und deshalb muss das Stück Blech noch gebogen werden. Sehr gut geht so etwas auf dem Amboss (habe auch keinen zuhause), aber auch Schraubstock, Holzklotz oder ein etwas dickeres Rohr helfen dabei. Gerade die letzten Feinheiten können dann auch an der finalen Stelle vorgenommen werden.
Und auch hier heißt es dann wieder “Punkten, was das Zeug her gibt”:
Ich kann dabei auch immer wieder empfehlen, erst eine Ecke mit zwei/drei Punkten zu befestigen und dann das Blech mit einem Hammer zu recht zu schlagen und dann die nächste Ecke zu befestigen. Wichtig auch wieder hierbei, dass ihr jede Menge Energie in Form von Wärme in das Blech bzw. die Karosserie einbringt. Also ruhig erst einmal groß verschweißen, dann schleifen und auch gerne mal 15 Minuten pausieren, damit sich alles etwas abkühlen kann.
Im letzten Schritt die ganzen Schweißpunkte flach abschleifen und dann behandele ich die Stellen gerne mit einer ordentlichen Ladung Zinkspray:
Ist auch das Zinkspray trocken kann nun der Unterbodenschutz angewandt werden. Ich empfehle euch NICHT den Unterbodenschutz zum Sprühen zu nehmen, da ihr diesen nicht dick genug aufgetragen bekommt. Nehmt z.B. den NIGRIN Unterbodenschutz im 2,5 kg Eimer 😉
Dazu noch einen Pinsel und dann in mehrmaligen Arbeitsschritten ordentlich die Stelle einsauen mit dem Zeug:
Auto schweißen Material
In der folgenden Aufstellung ist eine Sammlung von Links zu Amazon mit Produkten genau für den jeweiligen Anwendungszweck, welche ich euch empfehlen kann.
Für die Vorarbeiten benötigt ihr:
- Schleif- und Trennmittel in Form von Trennscheibe, Fächer oder Schruppscheibe
- für äußerliche Rostflecken reicht Rostumwandler – ich kann euch wirklich Fertan empfehlen. Schmiere ich mittlerweile auf alles, was rostet 😉
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Für das Verschweißen:
- Karosserieblech oder passende Ersatzteile in Form von Seitenschweller etc.
- Fächerscheiben
- Schweißdraht
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Nacharbeiten:
- Zinkspray
- Unterbodenschutz und einen Pinsel bei nicht sichtbaren Stellen
- Spachtel und Autospachtelmasse, Nasschleifpapier, Silikonentferner und den entsprechenden Lackton des Autos und Klarlack zur Versiegelung
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Besonders der Schweller sieht ja mal echt super aus! Ans schweißen will ich mich irgendwann auch nochmal wagen, da bin ich noch komplett ahnungslos Gerade auch die sache mit den durchgeschweißten Nähten war mir gar nicht so bewusst… Danke für die Tipps. Bin wieder etwas schlauer
Viele Grüße
Daniel
Hallo Daniel,
der Schweller war auch das einzige Bauteil, welches optisch nachher gut aussehen musste und entsprechend auch viel Zeit beansprucht hat. Die Einsätze in Radläufe etc musste ja nur “funktional” sein und nicht optisch schön.
Freut mich, dass du etwas aus dem Beitrag mitnehmen konntest.
Gerne darfst du mal aus Oberhausen vorbei kommen, wenn du schweißen magst – ist ja nicht so weit.
Gruß Marcel
Eben weil es so heikel ist, sollte man nie am eigenen Auto das Schweißen erlernen 🙂
Moin Marcel, schöne Arbeit. Nur zwei Anmerkungen damit es das nächste mal noch besser wird: Spachtel nach dem Grundieren auftragen, die könnte Wasser ziehen.
Zweites wäre eine Loch- und Absatzzange, damit werden die eigenen Repbleche noch schöner.
Ansonsten: mindestens genau so wichtig wie das Schweißen, ist die anschließend die Stellen von Innen mit Wachs/Fett zu konservieren und bei Innenteilen – die nicht wie dein fertiger Schweller schon lackiert sind – mit Schweißprimer zu arbeiten. Fluidfilm ASR ist super leicht zu verarbeiten und hält den Rost wirksam im Zaun.
Ansonsten wie gesagt, sauber den Rost entfernt schön wieder in Form gebracht, weiter so!
Hallo Simon,
vielen Dank für deine Tipps.
Ich Absetzzange kannte ich bisher noch nicht, aber das Ding scheint wirklich sinnvoll. Lochzange natürlich ebenso weil schneller und sauberer.
Schweißprimer stand bei mir selber mit schon auf der Liste drauf bzw. auch ein Produkt für die Hohlraumversiegelung – ich werde auf jeden Fall mal Fluidfilm AS-R ausprobieren.
Gruß Marcel
Super Seite, sehr übersichtlich. Beste Grüße aus NRW
Vielen Dank Udo für deine Worte 😉
Macht echt spass zu lesen.
Danke ! 🙂
Hallo,
freut mich zu hören.
Gruß